Werbegrafik zur Ausstellung »Fürstliche Möbel – Die Roentgen-Werkstatt in Neuwied und das Gartenreich Dessau-Wörlitz«; Kulturstiftung DessauWörlitz, Dessau
| Von allen kunsthandwerklichen Einrichtungsgegenständen in den Häusern des Gartenreichs verweist vor allem das Mobiliar auf die innovative und rationelle Haltung des Fürsten Franz und auf die Neuartigkeit und Vielfalt des Formenvokabulars der zahlreichen, in der Mehrzahl von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff vorgegebenen Entwürfe. Die meisten der Möbel in den durch Erdmannsdorff in programmatischer Weise ausgestalteten Häusern sind von Tischlerwerkstätten des kleinen Fürstentums Anhalt-Dessau aus heimischem Holz eigens für den vorgesehenen Standort entwickelt worden und somit unverrückbar in die Gesamtidee und die Gestaltung der Räume eingebunden.
Nur ein Raum in der Hauptetage des Wörlitzer Schlosses, das »Kabinett der Fürstin«, enthält ein Ensemble von Möbelstücken, die allesamt nicht aus anhalt-dessauischer Produktion stammen. Sie wurden in der am ausgehenden 18. Jahrhundert wohl angesehensten Möbelmanufaktur Europas, der in Neuwied beheimateten Werkstatt des Abraham und David Roentgen, entwickelt. Die technisch meisterlich gearbeiteten und zauberhaft intarsierten, um 1771 entstandenen Möbel verleihen dem reich dekorierten Kabinett eine vorzügliche Eleganz. Es ist zu vermuten, dass Erdmannsdorff bei der Ausstattung des Raumes mit Möbeln aus der Roentgen-Manufaktur, die zahlreiche europäische Fürstenhäuser darunter auch das Katharinas der Großen belieferte, dem speziellen Wunsch der Fürstin Louise entsprach. Es spricht für den praktischen Verstand, dass sich der Fürst, trotz der hohen gestalterischen und technischen Qualität der Neuwieder Möbel in den 1790er Jahren schließlich gegen Pläne David Roentgens, eine Filiale des Unternehmens in Anhalt-Dessau zu gründen, ausgesprochen hat. Hierdurch wäre der heimischen Möbelproduktion bei der ohnehin geringen Absatzlage eine allzu mächtige Konkurrenz entstanden.
In der Wörlitzer Ausstellung erwarten den Besucher zahlreiche Beispiele der in der Roentgen-Manufaktur entstandenen kostbaren Möbelstücke sowie aufschlussreiche dokumentarische Belege für die Verbindung zwischen Anhalt und Neuwied.